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Wirkung und Hintergrund

Jegliche Art sanfter Berührung hat tiefgreifende Auswirkungen auf Körper und Geist. Sie beeinflusst physiologische und psychologische Prozesse, insbesondere in Bezug auf das Nervensystem, Hormone und das Gehirn. Und das alles wirkt übrigens auch bei Selbstberührung!

 

Hast du Lust auf Hintergrundwissen, was Berührung in deinem Körper auslösen kann und warum sie so einfach und tief wirkt? In folgendem Text findest du "Futter" für deinen Kopf ;-)

 

Die wesentlichsten Auswirkungen von Berührung im Überblick:

 

1.     Oxytocin-Freisetzung

Während sanfter Berührung wird vermehrt Oxytocin ausgeschüttet. Diese erhöhte Oxytocinproduktion fördert das Wohlbefinden, reduziert Stress und Angst und steigert das Gefühl von Vertrauen, Nähe und Zugehörigkeit zwischen Menschen.

 

2.     Reduktion von Stresshormonen

Sanfte Berührung stimuliert das parasympathische Nervensystem, was unmittelbar Entspannung bringt. Die Berührung verringert die Produktion des Stresshormones Cortisol, so sinkt das Stressniveau im Körper, Beruhigung findet statt und Erholung wird möglich.

 

3.     Vagusnerv und Parasympathikus-Aktivierung

Der Vagusnerv, Teil des parasympathischen Nervensystems, wird durch sanfte Berührung ebenso aktiviert. Dies führt direkt zur Senkung des Blutdruckes und damit zu allgemeiner Entspannung. Die Vagus ist wesentlich mit emotionaler Regulation und einem niedrigerem Angstlevel verbunden.

 

4.     Endorphine und Schmerzreduktion

Endorphine, die körpereigenen Schmerzmittel, werden ebenfalls durch Berührungen freigesetzt. Sie wirken schmerzlindernd, tragen zur Verbesserung der Stimmung bei und steigern als „Glückshormone“ das Wohlbefinden.

 

5.     Verbesserung der sozialen Bindung

Berührung spielt in zwischenmenschlichen Beziehungen eine wichtige Rolle, da sie nonverbale Kommunikation ermöglicht und Nähe sowie Verständnis vermittelt. Körperliche Berührung fördert Bildung und Stärkung sozialer Bindungen und kann das Vertrauen zwischen Menschen erhöhen.

 

6.     Einfluss auf das Gehirn

Studien zeigen, dass sanfte Berührungen bestimmte Bereiche des Gehirns aktivieren. Diese Hirnregionen sind für das Erleben von Freude und die Verarbeitung von positiven sozialen Interaktionen und Emotionen verantwortlich.

 

7.     Schlaf und Entspannung

Sanfte Berührungen fördern die Produktion von Melatonin, welches den Schlaf-Wach-Rhythmus reguliert. Damit kann die Schlafqualität verbessert werden und tiefere Entspannung stattfinden.

 

8.     Psychische Gesundheit

Berührungen können Symptome von Angst, Depression und Stress lindern. Wie bereits erwähnt haben sie einen beruhigenden Effekt auf das Nervensystem und tragen so zur Verbesserung des emotionalen Gleichgewichts bei. Diese nonverbale Unterstützung ist besonders in stressigen oder traumatischen Situationen wertvoll. (siehe unten)


Berührung und Traumabearbeitung

Zentrales dazu findet im Gehirn, genauer  in der Amygdala statt. Die dortigen Zellen speichern Traumen (= Situationen die mich in irgendeiner Art und weise bedroht haben, erlernt, durch Erfahrung, oder aber auch angeboren) in dem sie Rezeptoren und ausfahren und verhärten (Zellgedächtnis). Diese Rezeptoren können dann nicht mehr „einfahren“ und fungieren so mitunter ein Leben lang als Antennen für ähnliche Reize und fördern Re-Traumatisierungen.

 

Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass Berührung Traumen zu lösen vermag. Wird vor oder während Berührung ein Trauma ins Bewusstsein „geholt“, können damit die oben erwähnten spezifische Antennen angesprochen und aktiviert werden. Durch die Berührung entsteht dann Entspannung im weitesten Sinn und eine Entkoppelung von dem ursprünglichen, blockierenden Zustand wird ermöglicht.

 

Im Detail bedeutet das folgendes:

Rein wissenschaftlich gesehen basieren diese Vorgänge auf der Tatsache, dass unser Körper und speziell unser Gehirn ein elektrochemisches Organ ist. Das heißt, alle sensorischen Impulse (Feines, Schmerz, Temperatur,…)  werden in ein elektrochemisches Signal umgewandelt, wirken auf unsere mechanischen Rezeptoren und werden in ein elektrochemisches Signal umgewandelt. Diese elektrochemischen Signale haben einen großen Einfluss auf unser Gehirn und das Nervensystem.

 

Der wesentliche Unterschied, wie elektrochemischen Signale in unserem Körpersystem weiterwirken ist die Geschwindigkeit, in der sie uns bzw. unsere Sensoren erreichen. Diese „Geschwindigkeit“, welche durch jegliche Eindrücke um uns beeinflusst wird, versetzt uns in unterschiedliche Zustände.

 

Beta- = wach, funktionieren im Alltag, planen und organisieren, reagieren auf Reize

Alpha- = Hirnwellen verlangsamen sich, Entspannung tritt ein, Geschnatter im Kopf wird weniger, Atmung wird ruhiger 

Tetha - = Körper vollkommen entspannt, Geist wach und bewusst, stärkere Verbindung zur Intuition, Visualisierungen kommen, Probleme scheinen sich aufzulösen, denkende Geist geht in den meditativen über,…)

 

Gammawellen haben die höchste und schnellste Frequenz, im Gamma Zustand ist das Gehirn in höchstem Maße aktiv (35 bis 100 Hz). Sie versetzen uns in Angst und Stress und können auch Traumen kodieren. Im Gegensatz dazu sind Deltawellen sehr langsame, ruhige Wellen, die beispielsweise in der N-REM Phase, der SlowWavePhase im Schlaf erzeugt werden und die wir, nachweislich, auch während einer Berührung generieren. (0,5 bis 4 Hz)

 

Was passiert also im Gehirn, wenn ein Trauma kodiert wird? Zuerst ein Zitat von Gabor Maté, um kurz zu verdeutlichen, was ein Trauma überhaupt ist:

„Trauma ist nicht das, was uns zugestoßen ist. Das ist traumatisch. Trauma ist das, das in uns passiert, als Folge davon, was uns zugestoßen ist.“ (Gabor Maté)

In der Amygdala werden Informationen von einem  sendenden Neuron an ein empfangendes Neuron gesendet. Dazwischen befindet sich die sogenannte synaptische Lücke. Wenn jetzt ein Ereignis einen elektrischen Impuls auslöst, erreicht uns, im Falle einer bedrohlichen Information, eine extrem schnelle Gammawelle – es „fährt“ mir etwas „ein“ - es stellt uns die Haare auf.

In den Zellen werden in diesem Moment die sogenannten Ampa-Rezeptoren ausgefahren, die unserem Gehirn und Nervensystem „Gefahr“ melden – die Folgen davon kennen wir – das ist dann Fight, Flight, Freeze… (erhöhte Muskelkraft, Herzfrequenz, Sauerstoffzufuhr, weitere Pupillen)  in diesem Zustand werden alle nicht überlebenswichtigen Aktivitäten gehemmt.

 

Das entscheidende ist jetzt, dass die Chemie in unserem Körpersystem folgendes macht: bei neuronaler Aktivierung wird Calcium in die Zelle aufgenommen, welches durch die hohe Geschwindigkeit zu einem Phosphatmolekül wird, das man sich wie eine Art Kleber vorstellen kann und die ausgefahrenen Ampa Rezeptoren an der Zellmembran festgeklebt (das nennt sich Phosphorylierung). Das bedeutet, dass diese „Antennen“ ausgefahren bleiben und zu unseren sogenannten „Triggerpunkten“ werden.

 

Spannen wir den Bogen jetzt zur Berührung, ist das eine Möglichkeit Traumen zu „depotenzieren“. Auf körperlicher Ebene funktioniert das in etwas so: wir „aktivieren“ die Blockade, d.h. wir „holen“ die Gedanken an das Trauma ins „Feld“, denken aktiv an den ursprünglichen Auslöser oder die Episoden, an denen wir über Trigger erinnert werden. Wir begeben uns damit in den psychosensorischen Raum und können Themen unmittelbar lösen. Durch diese neuronale Aktivieren, das „Herholen“, können wir konkret die ausgefahrenen Rezeptoren (Ampas) ansprechen, um die es gerade geht. Wenn wir dann in Berührung gehen (auch Selbstberührung!!) erzeugen wir damit langsame Deltawellen, welche das Calcium in Calcineurin verwandelt, welches eine Art Kleberlöser ist. Das heißt, das Calcineurin löst und beseitigt das Phosphatmolekül, befreit damit die Ampas, welche sich dann wieder in die Zelle zurückziehen können – somit ist die emotionale Reaktion vom Stimulus abgekoppelt…


Fazit

Sanfte Berührung wirkt umfassend auf den menschlichen Körper und Geist. Sie fördert die Ausschüttung von positiven Hormonen wie Oxytocin und Endorphinen, reduziert Stresshormone wie Cortisol und stärkt die sozialen Bindungen. Sie hat beruhigende, schmerzlindernde und sogar heilende Effekte auf das Nervensystem und Traumen, was ihre Bedeutung für das emotionale Wohlbefinden und die psychische Gesundheit unterstreicht.